Beutel-Eules Adventskalender 2017- #18 Der Tag, an dem sich der Weihnachtsbaum rächte
Türchen 18
Der Tag, an dem der Weihnachtsbaum Rache nahm
Das Aufstellen des Weihnachtsbaumes war in meiner Kindheit seit jeher ein Akt, der mindesten einen ganzen Nachmittag und vier Menschen in Beschlag nahm. Zunächst einmal musste der nadelige Weihnachtsbote gekauft werden. Traditionell stellt man den Baum eher ein paar Tage vor dem Fest auf, da wir aber eine ökonomisch denkende Familie waren, stellten wir ihn meist schon in den ersten zwei Dezemberwochen auf. Man wolle ja noch was vom Baum haben, war das Argument. Unser Baum war immer ein Freigänger, denn er stand bei uns auf der schneebedeckten Terrasse und funkelte dort im besten Fall vor sich hin.
Die Auswahl des richtigen Baumes…
Da Weihnachten teuer ist und meine Familien eine bemerkenswerte Vorliebe für ungeliebte und krüppelige Weihnachtsbäume hatte, fiel die Wahl meist auf den Baum, an dem andere achtlos vorübergegangen wären, einfach weil ihm hier und da ein paar Äste fehlten, was eigentlich neben Nadeln und Stamm die Grundvoraussetzung eines Christbaumes darstellen sollte. Das Exemplar, um das es heute gehen wird, war auch ein solcher Grenzfall des guten Geschmacks, doch der findige Heimwerker kann hier Abhilfe schaffen. Nachdem der schiefe Baum in den extra dafür vorgesehenen Ständen gehievt war, ging es an die Feinjustierung. Inspiriert von der Ressourcenknappheit der DDR-Bürgerschaft wurde der Baum, naja sagen wir aufgeforstet. Von anderen Bäumen wurde das Reisig abgeschnitten, um es dann an den Krüppelbaum anzubohren. Dafür wurde mit dem Akkubohrer der Baum angelocht, das Reisig mit dem Kuttermesser gespitzt und dann solange in den angebohrten Stamm gerammt bis jenes mehr schlecht als recht mit Harz, Eis und dem unbedingten Willen zum schönen Weihnachtsbaum zusammenhielt. War diese Schönheitskorrektur abgeschlossen, zurrte man den Baum mit 1793 Seilen fest, sodass unser Hund bei einer Stippvisite im heimischen Garten die Laserfallen-Szene aus Mission Impossible nachspielen musste. Danach wurde der Baum mit allerlei Kram behängt, der sich im späteren Verlauf des Dezembers und zunehmendem Wind in Scherben in unserem Garten wiederfand. Auf Plastikkugeln sind wir dann im Jahr 2005 umgestiegen, als der halbe Baum leergefegt war. Wie dem auch sei, es soll uns ja heute um die Rache des Baumes gehen.
Die Rache
Leider setzte diese schon sehr früh im Weihnachtsbaumschmückprozess ein, nämlich bereits bei der Aufforstungsmaßnahme. Wie oben erwähnt, wurde dazu schweres Gerät, wie ein Akkubohrer und ein Messer benötigt, dass leider dem Heimwerker in diesem Fall zum Verhängnis wurde. Gerade als mein Vater dem Baum den dritten Ast in den Stamm rammen wollte und nochmal nachspitze, heulte plötzlich etwas auf. Anders als vermutet, war es nicht der malträtierte Baum, der da fluchte, sondern der Heimwerker selbst. Der hatte sich nämlich mit dem Cuttermesser in die Handfläche geschnitten und spielte nun seinerseits die Schneewittcheneröffnungsszene nach. Rot wie Blut war es nun zumindest um den Baum herum, weiß wie Schnee das Gesicht des Verletzten. Da es an diesem Tag geschneit hatte und wohl offenbar eine Arterie getroffen war, zeichnete die ganze Sache ein bemerkenwertes Muster ins Eis, das im Rückblick mit jeder Splatterszene aus Trashhorrorfilmen hätte mithalten können. Man sah schwarz wie Ebeneholz für das weitere Schmücken, der nächste Gang war der ins Krankenhaus.
Alle Beteiligten erholten sich davon
Nach ein paar Stichen konnte Hand samt Mann entlassen werden, man bemühte sich auch um eine schnelle Heilung. Der Baum wurde trotzdem noch zu Ende geschmückt, auch wenn sein Astwerk so kümmerlich blieb, wie es verlassen wurde.
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