Beutel-Eules Adventskalender 2017 – #4 Der Tag, an dem ich das falsche Geschenk bekam
Türchen 4
Der Tag, an dem ich das falsche Geschenk bekam
Weihnachten ist wohl eine Schule fürs Leben, vor allem als Kind. Heute löst das Morgengrauen des 24. Dezembers bei den meisten Erwachsenen höchstens ein müdes Schulterzucken und eine Rolle nach links aus, während Kinder vor Aufregung schon seit ungefähr zwei Stunden den Sturm auf die Bastille proben und in bemerkenswert ausgefeilten sowie stichhaltigen Argumenten darlegen wollen, dass 5 Uhr morgens doch eigentlich eine legitime Zeit sei, um Geschenke auszupacken. Das amerikanische Modell habe sich schließlich bewährt. Dass dies erst ab dem 25.12. eines jeden Jahres greift, unterschlägt der kindliche Halsabschneider gern, der in dieser Geschichte wohl den Namen der Autorin trägt.
Wie dem auch sei, Weihnachten ist aus der erwachsenen Perspektive eine unglaubliche Geduldsprobe, zumindest in meiner Familie. Während Oma und Opa wieder viel zu früh da sein werden, ist das Weihnachtsessen erst halb fertig, die Getränke noch nicht kalt und der Vater wird nochmal losgeschickt, der Senf fehlt schließlich. Nun nervt auch noch das Kind und möchte unbedingt wissen, was es denn geschenkt bekommt. “Bitte, bitte, sag doch endlich, ich rate auch!”, flehte ich im kindlichen Trotz und hing am mütterlichen Rockzipfel, an dem mich selbige wahrscheinlich während der ganzen Vorbereitungen durch die komplette Wohnung zog. Nach Diskussionen, die mehrfache Aneinanderreihung von „Bitte“ und einer festlichen Inszenierung des viel beschworenen Hundeblicks, gab meine Mutter nach.
Sie ließ mich raten und erteilte mir wohl eine der lehrreichsten Lektionen des Lebens.
Sie sagte das gesuchte Geschenk fange mit D an und es sei etwas, das ich ganz dringen gebrauchen könnte.
In der Retrospektive betrachtet, würde ich mich als ultimativer Spielverderber neben mein zehnjähriges Ich stellen, die Arme verschränken und sehr wissend mit einem Kopf schüttelnd sagen: „Es kann nix Cooles sein, sie sagte du, brauchst es dringend“
Leider ist die Gewichtung von Nötig und Unnötig nicht besonders ausgefeilt, wenn man zehn Jahre als ist und sich furchtbar dringend eine Spielkonsole wünscht, die, Überraschung, ebenfalls mit D beginnt. Egal, was ich sagte; Dudelsack, Dartspiel, Dörrfleisch, Daumenkino; meine Mutter schüttelte bei allem den Kopf und; Dackelwelpe, DVD-Player, Diskman, Dracheneier; sagte, ich käme eh nie drauf, was mich wiederum anspornte; Dauerparkkarte, Dorsch, Dampfeisenbahn; erst recht alle Register zu ziehen. Irgendwann gingen mir die Ideen aus, ich war mir mittlerweile sicher, dass es die Konsole sein MUSSTE und meiner Mutter grinste nur.
Der Tag der Beschenkung kam und meine Mutter überreichte mir mit einem sehr verschwörerischen Nicken das Paket, das für eine Spielekonsole a) zu groß, b) zu schwer c) zu weich war. Ich starrte das Paket an, machte es auf und hervor kam eine
…. DAUNENJACKE!
Tatsächlich, es war eine Daunenjacke. Die leider, es war ja schließlich 2003 oder 2004, bemerkenswert hässlich war. Sie war glänzend Beige, milde Fürsprecher hätten es wohl als Perlmutt bezeichnet. Kurz: Es war die wohl furchtbarste Jacke, die je ein viertklassiger Designer im kalten Osteuropa mit klammen Fingern auf sein Zeichenbrett skizzierte. Sie war so hässlich, dass er diese Zeichnung verwarf, nur damit dann seine fette Katze Olga das Papier zerkaute. Später reichte unser Künstler diese Zeichnung trotzdem ein und raus kam: DAS. Ohne Zweifel, die potthässliche Jacke ließ mich zwar wie ein trauriger Marshmallow aussehen, aber sie war wirklich sehr warm und ich hatte sie tatsächlich gebraucht, da ich schon damals im Winter immer chronisch falsch angezogen war. Das sollte man ihr und den Schenkenden wohl zu gute halten. Dennoch hatte sich meine Enttäuschung nach Beispiel des Universums bis in die Unendlichkeit ausgedehnt. Es störte mich noch nicht einmal die schreckliche Farbe, die heute – alle Menschen mit hellem Teint werden es verstehen- wohl das größte K.O.-Kriterium gewesen wäre. Nein, meine Hoffnungen auf diese blöde Spielekonsole waren zerbrochen.
Ich hatte aus dieser Geschichte genau drei Dinge gelernt:
1. Mach dir niemals zu große Hoffnungen auf ein Geschenk, du wirst es eh nie bekommen.
2. Rate um Gottes Willen nie wieder dein potenzielles Geschenk!
3. Hasse Daunenjacken, sie haben dir dein Weihnachtsfest zerstört!
In diesem Sinne wünschen wir einen wunderbaren Dezembertag! Zieht euch warm an!
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