Hinter den Kulissen- Danke Herr Feierabend!

Falls sich der ein oder andere Beutelfreund schon verwirrt hinter den Ohren kratzt und mit ausgestrecktem Zeigefinger halblaut aufmerkt, dass doch nun endlich der viel versprochene Turnbeutel auftauchen müsse und überhaupt: wo sind eigentlich die neuen Beiträge?! Was für eine Wirtschaft!
Ruhig Blut! Hier folgt die simple Erklärung: Unsere Vorhaben kollidierten wieder einmal mit der modernen Technik und zwang uns in die Knie des Stillstandes. Hier die Kurzzusammenfassung: Wieder einmal war alles weg, wieder einmal wurde der absolute Notstand ausgerufen und wieder einmal schlug ein winziges Speichermedium mit gehörigem Napoleonkomplex um sich. ABER: Da dieses Szenario selbst uns langsam langweilig wird, soll es uns diesmal nicht um die Mängel von Billig-Speicherkarten von ostasiatische Fernsehgeräteherstellern gehen, oder unsere fehlende Kompetenz einfach SOFORT Sicherungskopien zu machen, NEIN. Es geht um ihn. Es geht um Herrn Feierabend.
Wir wissen nicht genau, wie er mit echtem Namen heißt, deshalb nennen wir ihn nur Herr Feierabend.
Doch beginnen wir da, wo alle Geschichten beginnen: In Gesundheitslatschen auf einem begrünten Innenhof an einem sonnigen Wochenende im April.
Zunächst einmal herrscht für das Erstellen von Produktfotos für Jutebeutel bei Beutel-Eule eine gewisse Abneigung, denn Requisiten müssen aus dem vierten Stock geschleppt, Jutebeutel gebügelt, Turnbeutel zurecht gezupft, Kameras aufgeladen und Hosen angezogen werden. Das alles auch noch am Wochenende. Die Nachbarn lugen neugierig hinter ihren graugelben Spitzengardinen hervor oder stehen wie ein Kohlekraftwerk qualmend in rosa Plüschbademänteln hinter dem Hoffenster und aschen die jämmerlichen Glimmstängelreste, die es nicht zum Lungenkrebs geschafft haben, auf die Köpfe der Protagonisten. Man könnte nur hoffen, dass jenes Bild dem irrwitzigen Fantasierepertoire der Autoren entsprungen ist. Es entspricht bis hin zum Plüsch leider alles einer sehr realen Begebenheit. Doch wir halten uns auf.
Das Fotografieren von Jutebeutel und Turnbeutel ist an sich kein Hexenwerk, schließlich stürzen Stoffbeutel nicht plötzlich auf Fotografen nieder oder springen mal eben vom Hacken. Jeder Dreijährige mit der IPhone-Kamera der fünfundsiebzigjährigen Großmutter würde mit großer Wahrscheinlichkeit zum gleichen Ergebnis kommen. Dennoch: Das ganze Zeug muss nach dem erfolgreichen Schuss wieder zurück in den vierten Stock, vorbei an Plüschmänteln und Zigarettenqualm. Während Einige in ihren potthässlichen Gesundheitslatschen die Treppen hinauf tänzeln, müssen andere den ganzen Mist wieder zurück schleppen… in den vierten Stock, falls das bis jetzt unerwähnt geblieben sein sollte.
Soweit so gut. Während am Abend noch großspurig festgestellt wurde, Bilder könne man auch am nächsten Tag noch sichern, überlegte sich besagte Speicherkarte eines ostasiatischen Fernsehgeräteherstellers doch endlich mal die Muskeln, pardon, Kontakte spielen zu lassen und einfach ohne Grund in den Komplettstreik zu treten. Im Handumdrehen wurde die Gewerkschaft der Speicherkarten informiert und man entschied sich, noch in der Nacht zum Montag in den Streikzustand einzutreten. Ganz nach französischem Vorbild: Weil man es einfach kann. Lediglich auf Spruchbänder und Trillerpfeifen, Sprechchöre und kreativ bespruchte Transparente alá “Ich bin so wütend ich habe sogar einen Mopp mitgebracht” wurde verzichtet. Man war sich einig, lieber für ein paar Sekunden die nackte Angst auf dem Gesicht des Arbeitgebers zu genießen. Man gönnt sich ja sonst nichts.
Nachdem besagter Arbeitgeber, also wir, am nächsten Morgen den Arbeitsausfall bemerkte, blieb der gewünschte Effekt nicht aus. Zusätzlich mischte sich noch die Wut auf die eigene Person, Wut auf ostasiatische Fernsehgerätehersteller, Wut auf die blinde Kamera und Wut auf Einhörner, weil sie einfach nicht existieren, in den Gesichtsausdruck der Hauptverantwortlichen.
Nach deutschem Klischee trampelte besagte Hauptperson bewaffnet mit Kassenzettel, Speicherkarte und einer gehörigen Portion Ärger über die Nichtexistenz von behornten Huftieren zu einem der größten roten Technikverteiler der Stadt und widerstand dem Reiz die Karte einfach nur mit einer dramatischen Geste der Verachtung auf den Tresen zu knallen. Weder Tresen noch Mensch dahinter konnten etwas für den Systemausfall der Speicherkarte eines ostasiatischen Fernsehgeräteherstellers und überhaupt: Warum stellte dieser ostasiatischen Fernsehgeräteherstellers eigentlich Karten her, sollte er doch bei seinen Leisten schustern. Oder so.
Der Mann (noch nicht Herr Feierabend) bestätigte mir: “Jup, kaputt. Ich such mal ne Neue.” Das beruhigte ungemein. Keine Szene, keine Diskussion. Die Theaterschminke konnte abgewischt, die Scheinwerfer abgebaut und die Statisten weggeschickt werden. Während der Technikmitarbeiter im Inneren des großen roten Ladens wie ein Schmetterling von Kollege zu Kollege wanderte und sie mit Fragen zu Speichermedien bombardierte, stand plötzlich Herr Feierabend vor unserer Hauptverantwortlichen und taxierte die Karte mit dem gleichen Blick, wie Weinkenner Rebenstandort und Erntezeit bestimmen.
Auf die Frage, ob noch Fotos drauf seien, folgte ein zerknirschtes Nicken und Herr Feierabend hatte einen entschlossenen Gesichtsausdruck auf dem Gesicht als er sagte: “Keine Sorge, das bekommen wir wieder hin.” Dabei klang er wie einer dieser verlebten Helden in Actionfilmen, die gerade mit blutverschmierter Wange in ein schnelles Auto steigen, um dann irgendeinen Endboss umzunieten. Herr Feierabend setzte sich an seinen kleinen Laptop und tippte kryptische Sachen ein, dabei erklärte er in aller Ausführlichkeit die Ursachen für den plötzlichen Streik. Er hätte auch erklären können, dass durch die Rotation der Erdachse eine Unwucht im Kartenshi Auslöser war, man hätte es ihm geglaubt.
Die Rotation der Erdachse und die damit verbundene Unwucht im Kartenshi beanspruchte jedoch einige Zeit aufgehoben zu werden und Herr Feierabend schickte unsere Kartenbesitzerin ein Eis essen. Das würde noch dauern. Etwa 30 Minuten.
Nach exakt 30 Minuten forderte er die neugewonnene Karte des Vormitarbeiters an, nachdem einer Kundin erklärt hatte, dass ein Kratzer im Handydisplay kein Garantiefall ist, versuchte er der dahinterstehenden Dame mit ihrem froschgrünen Staubsauger begreiflich zu machen, dass nach vier Jahren Benutzung die Garantie schon seit etwa zwei Jahren abgelaufen sei. Währenddessen versicherte er über die Köpfe der Kundinnen hinweg alle Bilder seien wieder da. Kein Grund zu Panik, es dauert nur noch ein Weilchen bis alle Bilder auf das andere Medium gezogen wurden. Mittlerweile war eine weitere Viertelstunde vergangen und Herr Feierabend stellte lachend die Hypothese auf, unsere Beutel-Eule könnte das Ganze nie wieder gut machen, schließlich habe er schon seit etwa einer Dreiviertelstunde Feierabend. Herr Feierabend bemerkte ebenfalls, die alte Speicherkarte habe er repariert, die könne ich gleich wieder mitnehmen. Ich solle nochmal eine weitere Viertelstunde schlendern gehen.
Als der Reperaturstand ein weiteres Mal angelaufen wurde, war er leer. Lediglich das kleine milchigdurchsichtige Plastikkästchen lag einsam und verlassen auf dem Tresen. Zwei Speicherkarten klapperten darin herum. Keine Rechnung, kein Zettel. Nur Herr Feierabends Großzügigkeit lag daneben. Ein Kollege händigte die Karten aus, bevor er das Sicherheitsglas vor den Tresen schob und bei dem großen roten Laden für diesen Abend das Licht ausging.
Also:
Auch wenn es unwahrscheinlich ist, dass ein über fünfzigjähriger Technikladenmitarbeiter einen Blog über Beutel lesen wird, möchten wir uns ganz herzlich für Ihre Zeit und Großzügigkeit bedanken, Herr Feierabend. Auch wenn Sie nicht so heißen. DANKE!
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