Beutel-Eule Unterwegs Logbuch Irland – “Fantastische Busfahrerwesen und wo sie zu finden sind”
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Fantastische Busfahrerwesen und wo sie zu finden sind
Wer sind diese Menschen, die Touris freiwillig durch Irland hieven?
Im Rückblick auf meinen kleinen Trip durch die unendlich grünen Weiten Irlands kam ich Dank eines Mangels an Führerschein und Lebensjahren, die mich gemeinsam berechtigt hätten, einen Mietwagen zu leihen, nicht drum herum, bei Bustouren meinen Horizont zu erweitern. Dabei habe ich sehr unterschiedliche Typen der Busfahrerszene kennen gelernt, denen ich heute einen kleinen Beitrag widmen möchte.
1. Der Partybusfahrer
PADDY Wagon ist eine sehr bekannte Unternehmung, die Touristen euer durch das Land kutschiert. Egal wie abgeschieden ein Ort auch liegt, im Abstand von etwa dreihundert Metern erspäht man mit Sicherheit einen der leuchtend grünen Touribusse. Meine erste Reise mit einer guided Erlebnisbustour führte mich nach Killarney. Von Killarney aus ist es nur ein Katzensprung zum Ring of Kerry, einem herrlichen Weg an der Südküste des County Kerrys entlang, der auch zum Wild Atlantic Way gehört. Unser Busfahrer, an dessen Namen ich mich beim besten Willen nicht mehr erinnere, nennen wir ihn Paul?, startete 08:15 Uhr in Cork. Meine Begleitung und ich, noch sichtlich mitgenommen von den Pints vom Vorabend und mindestens eine Partei mit erheblichen Koffeinentzugserscheinungen, standen etwas betröppelt am Bus, während uns Paul? sehr laut, aber sehr freundlich begrüßte. Wir fanden schnell heraus, dass Paul? um keinen Scherz verlegen war. Sogar auf Landstrichen, in denen kilometerweit absolut nichts als Wiese, Steinmauern und Schafe zusehen waren, schnarrte er einen Witz nach dem anderen ins Bordmikrofon. Insofern hatte es etwas für sich, denn mit Paul? wurde es garantiert nicht langweilig. Er hatte allerdings eine Vorliebe für 80er Jahre Liebeslieder und Babylämmer. Er hatte wohl einen Sponsoringvertrag mit den örtlichen Touristenschäfern abgeschlossen, die besagte Schafschmuggelware auch gerne mal im strohbelegten Kofferraum feilboten. Wo immer auch nur ansatzweise Babylammstreicheln angeboten wurde, hielt er ganz aufgeregt und dachte er täten den sogenannten “Ladys” an Bord einen Gefallen. Ok, vielleicht fühlte er sich auf vom mehrheitlich amerikanisch und ja, auch weiblichen Publikum bestärkt, das regelmäßig ein zuckersüßes Kreischkonzert veranstaltete, als besagte Schafjungtiere in näherer Greif- und Grabschweite gerieten. Tiefe Scham für mein eigenes Geschlecht empfindend und die armen tierischen Opfer, unter denen sich auch Esel und Ziegen befanden, bemitleidend, bewundertete ich trotzdem seine unglaubliche Energie, mit der er uns den ganzen Ring of Kerry entlang kutschierte.
2. Der rasende Frankenstein
Eine andere Tour, die uns um die Halbinsel Dingel führen sollte, wurde von Poddy geleitet. Poddy mit dem seltsamen Namen und dem Antlitz eines Vampirs (wirklich, ich habe selten jemanden gesehen, der so ins Klischee der lichtscheuen Blutsauger passte) hatte eine angenehmene Art der Erzählens und warf weniger mit gutgemeinten Witzen um sich als sein Vorgänger. Dafür hatte er allerdings auch keine Zeit, denn er trat mit so einer inbrünstigen Ausdauer das bemitleidenswerte Gaspedal durch, dass mich seine Fähigkeit des Parallelerzählens während er gleichzeitig versuchte, den großen Preis von Irland zu erringen sehr beeindruckte. Durch Poddys Liebe zu Geschwindigkeit schafften wir die Strecke vermutlich in der Hälfte der Zeit, die handelsübliche Busfahrer benötigt hätten. Ich möchte sogar die Vermutung wagen, dass wir bei gutem Wind und einer galaktischen Fügung in welcher Saturn, Mars und Jupiter zusammen die Eckpunkte eines Kleeblatt formten, einen Quantensprung in das 17. Jahrhundert geschafft hätten. Auch wenn wir zu meinem großen Bedauern für einen Zeitsprung noch zu langsam waren, so war ich doch froh, aus Poddys Bus aussteigen zu dürfen.
3. Der Schweigsame
Jener seltsame Zeigenosse kutschierte uns nach Middleton zur Whiskydestillerie. Da er seine asketische Schweigsamkeit mit beneidenswerten Hingabe praktizierte, stellte er sich auch nicht vor oder setzte uns über die Richtung unserer Reise in Kenntnis. Es hätte aber wohl sowieso keinen Unterschied gemacht, da in einschlägigen Feldstudien nachgewiesen werden konnte, dass ich mir Namen wirklich außergewöhnlich schlecht merken kann.
4. Der fürsorgliche Kumpelbusfahrer
Diese Art Mensch kennt man noch aus der Schule, denn der fürsorgliche Kumpelbusfahrer hat einen entfernten Artgenossen im Kumpeltyplehrer. Es ist ein schmaler Grad zwischen Kumpeligkeit und Autorität, das weiß jeder, der schon einmal im Unterricht dieser Art gesessen hat und vielleicht gezwungen vor sich hingegrinst hat, weil der Witz nun schon zum dritten Mal gerissen wurde. Phil konnte aber mit Fug und Recht von sich selbst sagen, dass er eher zur cooleren Sorte Kumpeltyp gehörte. Er begleitete mich auf der Reise zu den Aran Islands und kümmerte sich wirklich rührend um seine Schützlinge. Warum das auch nötig war, erfährt ihr im nächsten Logbucheintrag. Nur so viel: Eine Nachbehandlung war dringend nötig. Wie auch immer: Phil bot am Ende der Tour sogar seine Karte an, falls es auf der weiteren Reise Probleme geben sollte, würde er sich freuen, helfen zu können. Mensch Phil, du bist echt so richtig nett.
5. Der Planlose
Zugegeben die Tour in den Connemara Nationalpark war auch für (ach ich hab den Namen vergessen, nennen wir ihn Peter?) Peter? nicht einfach. Am Tag der Reise hingen schwere Wolken über der kargen Landschaft und der sympathisch introvertierte Peter?, der seine Vorliebe für englisch/irische Musikantenstadel gern mit uns teilte, verzweifelte mit jedem Zentimeter, den er an Sicht verlor. Eigentlich sollte es zum Nationalpark gehen, da dort aber durch Nebel, Regen und einfach Irland nichts zu sehen war, setzte er uns etwas planlos an der Kylemore Abbey ab. Auf dem Weg versuchte er hier und da ein paar Dinge zu erklären, verlor sich aber meistens in “müsste, könnte, sollte, glaube ich und manchmal schon”. Einmal rumste es sehr glorreich und er hatte den Seitenspiegel zu Klump zerfahren. Zu allem Überfluss schreckte er mich damit aus dem wohlverdienten Dornrösschenschlaf. Falls nun Protest aufkommt: Was soll ich machen? Das Schaukeln des alten Kahns von Bus verführte einfach zum Einschlafen und wie genau Nebel aussieht, hätte ich nach dreißig Metern Fahrt schon mitbekommen. Zudem hätte es gut sein können, dass uns Peter? bis zur Dämmerung plötzlich in Schottland wieder rausgelassen hätte, da er häufig meinte: “Mhm, ich hoffe mal hier geht es zurück nach Galway.” Peter? dein Job ist es nicht zu hoffen, du sollst wissen, wo du lang fährst. Wenn ich Hoffnung will, töpfere Keramikkätzchen oder mache ich einen ayurvedischen Selbstfindungskurs, keine Busfahrt!
Also falls ihr in nächster Zeit eine Busfahrt machen solltet, dann haltet die Augen nach ihnen offen. Es gibt sie die fantastischen Busfahrerwesen und nun wisst ihr auch, wo sie zu finden sind.
Also Liebes Logbuch soviel zu meinen Busfahrererfahrungen !
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