Beutel-Eule Unterwegs- Logbuch Irland 3 – Kommt ein Blutspendeausweis in eine Bar
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Liebes Logbuch,
Heute habe ich mal wieder Zeit, einen kleinen Logbucheintrag in die wilden Weiten des Internets zu schicken. In aller studentischen Frühe, um 12 Uhr mittags, brachte mich der Bus aus Dublin heraus und sollte mich über unendliche irischen Autobahnebenen, die hautsächlich aus Wiesen, Schafen, Kühen, Wiesen, und naja Schafen bestanden nach Cork bringen, denn dort erwartete mich meine Reisebegleitung für die nächsten vier Tage.
Sie wohnt ein wenig außerhalb und gab mir eine offensichtlich eindeutige Wegbeschreibung zum nächsten Bus, der mich nach Carrigaline in meine Unterkunft karren sollte. Natürlich empfing mich Cork missmutig direkt beim Ausstieg mit einem heftigen Regeschauer. Während ich mich also bepackt wie Josephs Esel in der Weihnachtsgeschichte gefühlte fünf Mal im Kreis drehte, um meine Haltestelle zu finden, da mein Orientierungssinn dem eines Kühlschrankes nicht ganz unähnlich ist, prasselte der Regen unerbittlich auf mich nieder, der Wind peitschte mir ins Gesicht und zerrte an meinem Schirm. Die vorbeischlendernden Iren starrten mich ungläubig an, warum ich denn bei so gutem Barbecuewetter der Schirm auspackte. Kopfschüttelnd lief man mich weiter mit meinem Schirm kämpfen und klappte maximal den Kragen ein bisschen hoch. Touristen! Ich, verwickelt in eine anregende Diskussion über das Für und Wieder von Windstärke 6 mit meinem Schirm, erreichte die beschriebene Bushaltestelle. 1 Minute bis der Bus kommen sollte. Glück muss der Mensch haben. Die eine Minute hielt sich hartnäckig. Eine halbe Stunde lang. Danach bequemte sich in der Ferne ein Bus vorzufahren. Vierzig Leute trampelten mit mir in das Gefährt, eine Oma trat mir auf den Fuß und schnauzte mich an, eine stinkende Sporttasche schwang unheilvoll vor meiner Nase und an jeder Haltstelle quetschte der halbe Bus an mir vorbei zur Tür und eine neue Hälfte schon sich hinein, denn es gibt in irischen Bussen nur diese eine Tür. Für 4,20€ Fahrtkosten bekam ich also das Komplettpaket “Wellness mit Kuscheltheraphie” der irischen Busgesellschaft. Mein Ziel, Carrigaline, ist eine halbe Stunde Fahrt über Straßen, die man offenbar aus übriggebliebenem Lehm geformt hatte. Zur Tarnung legten die gewitzten Iren eine Schicht aus Asphalt darüber. Merkt keiner. Der brechendvolle Bus schaukelte also in halsbrecherischer Geschwindigkeit bei jedem Huggel, der sich nicht nur einmal wie der leibhaftige Grand Cannyon anfühlte. Ich sichtlich angespannt, die Buscrew laut schwatzend.
Nach einer der längsten Busfahrten meines Lebens kam ich an, benebelt von Sportschuhgeruch, verstört von zu viel Körperkontakt und glücklich, festen Boden unter den Füßen zu spüren sowie die langvermisste Freundin nach so langer Zeit begrüßen zu können.
Nach einer Einladung zum Abendessen ging es wieder eine halbe Stunde zurück nach Cork, auf ein anständiges Pint Bier, diesmal in einem fast leergefegten Bus. Natürlich.
Kurz vor Cork starrten mich die weitaufgerissenen Augen meiner Begleitung an: “Hast du deinen Ausweis dabei?” Eine berechtigte Frage, alle unter 21 oder, die zumindest unter 21 aussehen, dürfen Pubs in Irland maximal von außen sehen. Ich starrte zurück, überlegte, verneinte, aber fand in meiner ausweislosen Tasche einen Blutspendeausweis mit meinem Geburtsdatum, das schon weiter hinter der 21 liegt.
Falls man sich nun fragt, warum genau ich meinen Blutspendeausweis anstatt eines Persos mitschleppte: Ich habe nicht den geringsten Schimmer. Dennoch: Gesetzt dem Fall, ich sollte durch eine Raum-Zeit-Krümmung beim Biertrinken auf einer Pfütze aus Whisky ausrutschen, dabei mein Pint actionheldenmäßig verlangsamt in die Luft werfen und in dessen Scherben zum liegen kommen: Man wüsste sofort meine Blutgruppe. Es begab sich also, dass der Securitymensch am Eingang tatsächlich nach meiner Identität fragte. Als ich den knallgelben Ausweis aus dem Beutel zog und ihm feierlich überreichte, hätte man sein Gesicht auf einen Bieruntersetzer drucken können. Sichtlich verstört starrte er auf den Wisch. Ich machte ihn stolz darauf aufmerksam, dass sogar meine Blutgruppe vermerkt war. Den kanarienvogelgelben Zettel drehend und wendend, ratterte es in seinem Kopf, ob ich ihn auf den Arm nehmen wollte. Obwohl ihn mein stärkstes Argument, die Blutgruppe, leider wenig überzeugte, durfte ich passieren. Er hatte wohl Mitleid, so sehr 21 sah ich dann doch nicht mehr aus.
Der Abend in diesem kuschelig kleinen Pub verlief ohne die hypothetische Biereskapade. Meine Begleitung hingegen entpuppte sich als eine wahrliche Könnerin des Cork-Dialekts. Sogar das gestammelte Englisch eines bemerksenwert betrunkenen Iren, das sich sehr verdächtig nach einer Herr Der Ringe Homange an die Orgs anhörte, übersetze sie mit Bravour.
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